Wer uns regiert ...
Die Neujahrsansprache der Bundeskanzlerin zum Jahr 2015
... und was ich verstanden habe
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!
Zum Jahresende möchte ich Sie noch einmal grüßen und Ihnen die Dinge ins Gedächtnis rufen, die Sie möglicherweise schon verdrängt haben und die wir - die GroKo - für Sie im zurückliegenden Jahr geleistet und erreicht haben.
Wie der Name schon sagt, sind wir eine große Koalition. Und dieser Name war und ist uns Ansporn, auch Großes zu leisten. Das ist uns trefflich gelungen und ich verkündige es heute gerne und mit Stolz. Die Wirtschaft hat uns überwiegend gelobt und war mit unserer Politik zufrieden. Das ist uns wichtig, denn die Wirtschaft ist der Motor des Fortschritts und sie sichert Arbeitsplätze. Die Kritik an dem von uns eingeführten Mindestlohn und an den neuen Rentenregelungen, die aus der Wirtschaft kam, nehmen wir ernst und wir werden uns bemühen, in den kommenden Jahren den Mindestlohn und die Rentenregelung im Sinne einer florierenden Wirtschaft weiter anzupassen. Es ist uns auch gelungen, die Zahl der Arbeitslosen weiter zu senken und zwar dadurch, dass wir die Zahl der Leiharbeiter erhöht haben.
Vor nunmehr 25 Jahren haben wir es geschafft, den Kommunismus in Deutschland zu besiegen. Heute dürfen wir dankbar sein, in einem kapitalistischen Land zu leben. Mit der sozialen Marktwirtschaft fing es an. Heute sind wir weiter, heute haben wir nicht nur freie Märkte sondern die Märkte bestimmen ganz wesentlich unser Leben. Und der Kapitalismus, den wir von unserem wichtigsten Verbündeten, den USA, übernommen haben, sichert uns Arbeitsplätze. Besonders hervorheben möchte ich da noch einmal die schon erwähnten Leih- und Zeitarbeitsplätze. Sie verschaffen jedem, der einen solchen Arbeitsplatz hat, größtmögliche Freiheit zu arbeiten wann und wie lange er gebraucht wird. So etwas gab es früher nicht. Und seien Sie sicher, wir bauen diese Art der Beschäftigung weiter aus. Unser Motto: "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit". Etwas Besseres kann unserer Wirtschaft nicht passieren.
Und wir haben es geschafft, einen Mindestarbeitslohn von 8 Euro 50 ab 2015 flächendeckend einzurichten. Gewisse Ausnahmen stärken unsere Wirtschaft ebenfalls. Jeder, für den dieser Mindestlohn gilt, kann dankbar sein, nun nicht mehr für 4 Euro 50 arbeiten zu müssen. Bedenken Sie, welchen sozialen Sprung diese Bevölkerungsgruppe damit macht. Und, auch das möchte ich hier hervorheben, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, die Löhne in unserem Land liegen damit deutlich über dem Niveau der Entwicklungsländer.
In den kommenden Jahren werden wir ein Freihandelsabkommen mit den USA abschließen. Es wird unter dem Namen TTIP verhandelt. Dass diese Verhandlungen im Geheimen und unter Ausschluss der Parlamente stattfinden, ist nur zu Ihrem Nutzen, verehrte Bürgerinnen und Bürger. Denn freier Handel, also Freihandel, ist für unsere wirtschaftliche Entwicklung unverzichtbar. Und jede öffentliche Diskussion hätte Protestgruppen auf den Plan gerufen, die den Verhandlungserfolg womöglich mit banalen und wirtschaftschädigenden Parolen verhindern würden - eine für die Demokratie und die Wirtschaft verheerende Situation. Selbst unseren Koalitionspartner SPD und insbesondere Herrn Wirtschaftsminister Gabriel konnten wir in geheimen Fraktionssitzungen davon überzeugen, seinen sozialdemokratischen Ansatz aufzugeben und TTIP uneingeschränkt zuzustimmen. Ich als Kanzlerin habe ihn persönlich gebeten, seine Überzeugung zu überdenken und über Bord zu werfen. Und ich konnte ihm versprechen, ihm in der nächsten Regierung dafür wieder einen Ministerposten anzubieten.
Wenn trotz der Geheimhaltung in den Verhandlungen zwischen unseren demokratischen Staaten - der EU auf der einen Seite und der USA auf der anderen - Dinge nach außen gedrungen sind, die manche Menschen befürchten lassen, dass wir uns den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen in den USA annähern, kann ich Ihnen nur versichern, wir respektieren die sozialen Errungenschaften in den USA und lassen uns durch nichts irritieren. Unser Ziel ist weiterhin eine stabile, unerschütterliche und durch nichts zu beeinflussende Regierungspolitik - im Sinne der Demokratie und der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes!
In diesem Zusammenhabg noch ein Wort zu den von den Medien gemeldeten Ausspähungen meines Handys durch die amerikanische NSA. Von dieser Ausspähung, deren unglaubliches Ausmaß von einem gewissen Herrn Snowden, einem Verräter von Staatsgeheimnissen, aufgedeckt wurde, habe ich nichts gemerkt. Es ist unter Freunden auch nicht üblich, sich gegenseitig zu bespitzeln. Solche Methoden, wie sie einst in meinem Geburtsland, der DDR, üblich waren, verurteilen wir aufs Schärfste und würden so etwas selbst nie tun. Sollten in Ausnahmefällen Bürger überwacht werden, dient dies ausschließlich der Verhinderung von Terroranschlägen in unserem Land, also Ihrer Sicherheit.
Ganz wichtig ist uns die Umwelt. Wir haben darum zunächst auf Fracking verzichtet. Die neue politische Situation in Europa hat uns aber dazu bewogen, uns - im Interesse Ihrer Versorgungssicherheit - von Öl- und Gaslieferungen aus Russland unabhängig zu machen und nun doch zu fracken. Das ist ein ganz wesentlicher Schritt zur wirtschaftlichen Stabilität. Alle Unkenrufe, dass dadurch das Grundwasser gefährdet wird, halten wir für Panikmache und daher, wie Studien von unabhängigen Wirtschaftsberatern zweifelsfrei belegen, für unwirksam.
Auch Gentechnik ist eine wichtige und zukunftweisende Wirtschaftsentwicklung, die wir - auch auf Grund unabhängiger wissenschaftlicher Studien, die dies befürworten - weiter umsetzen wollen. Da die Bevölkerung der Welt immer weiter zunimmt und auch wir in Deutschland immer mehr Flüchtlinge aufnehmen und ernähren müssen, ist es dringend erforderlich, dass Nahrungsmittel so verändert werden, dass sie den alternativlosen Klimaveränderungen und den zunehmenden Klimakatastrophen besser standhalten. In enger Zusammenarbeit mit dem auf diesem Gebiet weltweit führenden US-Konzern Monsato werden wir Lösungen anbieten, die dieses Problem beseitigt. Das ist ein weiterer Baustein unserer Politik für die Bürger. Da es dabei auch um die Gesundheit der Menschen in unserem Land geht, stützen wir uns bei unseren Maßnahmen zusätzlich auf unabhängige Gutachten der Pharmaindustrie.
Besonders stolz sind wir, dass ab 2015 Schwarze Nullen in unserer Politik wieder die entscheidende Rolle spielen. Wir arbeiten, wie Sie wissen, ja schon lange an einem ausgeglichenen Haushalt. Die Haushalte der zurückliegenden Jahre hatten zwar auch viele Nullen, allerdings angeführt von realen Zahlen. Das ist nun vorbei. Da wir hier eine zukunftsweisende Politik betreiben, ist es allerdings unausweichlich, dass sich der Zustand der Verkehrswege, die Situation in den Krankenhäusern und Schulen geringfügig verschlechtert. Da der Haushalt aber ein wichtiger Schritt in eine bessere Zukunft ist, werden besonders die jüngeren Menschen, für die es für einige Zeit gewisse Einschränkungen bei der Zahl der Lehrer und Unterrichtsstunden gibt, von dieser Maßnahme langfristig profitieren.
Unser Bildungssystem ist eines der besten der Welt, aber leider auch sehr statisch und inhaltlich nicht mehr auf dem Stand einer führenden Wirtschaftsnation. Durch vielfältige Reformen, Verkürzung der Gymnasialzeit und Einsparungen von Lehrerstellen und Finanzmitteln haben wir dafür gesorgt, dass wir in der heutigen globalen Welt bildungspolitisch viel flexibler aufgestellt sind. Die Kinder und Jugendlichen lernen das, was sie im Wirtschaftsprozess brauchen und müssen sich nicht mehr mit Fragen der Ethik und anderen geistigen Dingen belasten. Um diese Fragen kümmern wir uns in der Regierung und werden dabei von international operierenden Konzernen und Großbanken zuverlässig und neutral beraten. Die beiden Koalitionspartnern CDU und CSU stehen auch fest in der Tradition des christlichen Glaubens. Darum orientieren wir uns hier an einer Erkenntnis, die bereits Marie von Ebner-Eschenbach formuliert hat: "Wer nichts weiß, muss alles glauben". So schaffen wir für alle Bürgerinnen und Bürgern die Grundlagen, ihren Glauben aktiv zu leben.
Im Wahlkampf habe ich gesagt: "Mit mir gibt es keine Maut!" Dazu stehe ich auch heute noch. In einer Koalition - und das ist ihr wesentlicher Vorteil - vereinen sich dann allerdings Interessen unterschiedlichster Parteien und damit auch unterschiedlichster Wähler- und Bevölkerungsgruppen. Und da wir in einer Demokratie leben, muss ich mich der Mehrheit unterordnen, auch wenn es im Grundgesetz heißt: "Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik ..." - der Bundeskanzler. Und bitte bedenken Sie auch, dass eine Maut nur zu Ihrem Vorteil ist, denn wir werden die jahrzehntelang vernachlässigten und maroden Verkehrswege nun wieder herrichten können. In der Vergangenheit haben wir darauf verzichtet, weil wir das ausschließlich für die Verkehrsinfrastruktur vorgesehene und kassierte Geld anderweitig in ihrem Sinne, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, eingesetzt haben.
Den Solidaritätszuschlag für den Aufbau Ost, den wir 1991 beschlossen haben, werden wir abschaffen und lösen damit unser Versprechen von damals ein. Für Sie als Bürgerinnen und Bürger ändert sich dadurch aber nichts.
Und lassen Sie mich zum Schluss noch ein Wort zu Pegida und IS sagen. Was sich da auf der Straße versammelt und in den Staaten des Nahen Ostens zusammenrottet, ist abscheulich. Wir als Bundesregierung und ich als Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland kann Ihnen aber versichern, dass das mit unserer Politik nichts zu tun hat. Wir sind immer für soziale Gerechtigkeit und umfassende Bildung eingetreten und werden das auch im neuen Jahr tun.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gesundes und vor allem wirtschaftlich erfolgreiches 2015.
Ihre Bundeskanzlerin und Vorsitzende einer großen Koalition